Manchmal werde ich müde, wenn ich Diskussionen um Bildungsthemen in der öffentlichen Debatte verfolge. Doch schnell wird aus dieser Müdigkeit Wut. Wut darüber, dass die Politik jenes Zukunftsfeld sträflich vernachlässigt, welches die nachfolgenden Generationen wie kein zweites prägen wird. Diese Generationen kümmert es wenig, ob Bundesbedienstete ein paar Prozent höhere oder niedrigere Pensionen erhalten oder, ob ein Koalitionspartner beim Versuch der Profilierung besser aussieht als der Andere. Die nachfolgenden Generationen haben Sorgen - berechtigte Sorgen. Erhalten sie jene Kompetenzen, die sie später brauchen werden? Erhalten sie einen geeigneten Arbeitsplatz und haben sie überhaupt eine Zukunftsperspektive? Vom Thema Pensionen ganz zu schweigen!
Diese Fragen haben mich vor einem Jahr dazu bewogen, die Innovationsschule zu gründen. Es sollte ein Ort geschaffen werden, an dem Bildungskonzepte ohne ideologische Vorbelastungen kritisch diskutiert werden. Die Idee: Jede ernst gemeinte Bildungsreform muss stets auf einem leeren Blatt Papier beginnen und zuerst eine klare Vision formulieren. Was soll bei den Schüler/-innen ankommen? Müsste Schule heute erst erfunden werden, sie würde ziemlich sicher ganz anders aussehen als in ihrer heutigen Form. Konzepte wie Themen-orientierter Unterricht, die Eliminierung der Klassenräume, die Stärkung der Autonomie der Schüler/-innen, kein lehrerzentrierter Unterricht mehr, Kollaborationen zwischen den Schüler/-innen, technologische Unterstützungen, bis hin zur Diskussion, ob Noten eine zeitgemäße Beurteilungsform sind. Traurig ist, dass Österreich von den politischen Akteur/-innen oft als Insel der Seeligen gesehen wird. Doch diese Insel ist isoliert, abgeschnitten von Entwicklungen, die im Bildungsbereich längst stattgefunden haben. Die skandinavischen Länder überholen uns in Bezug auf pädagogische Konzepte, Lehrmaterialien und Kollaboration zwischen den Schüler/-innen während die österreichische Bildungsministerin ein eBook, wie es Amazon seit Jahren anbietet, als innovativ bezeichnet.
Es bedarf kritischer Menschen innerhalb und außerhalb des Bildungssystems, die nicht müde werden, Veränderungen anzustoßen. Dass der schnelle Erfolg ausbleiben wird, wissen sie. Genauso wie ich. Auf den Seiten der Innovationsschule rege ich immer wieder neue Konzepte an und gerade Eltern verfolgen diese Diskussionen gespannt. Dass das Titelbild der Innovationsschule auf Facebook Tropfen abbildet, ist nicht zufällig. Diese Tropfen höhlen den Stein der österreichischen Politik und die Innovationsschule ist ein Teil dieser gesellschaftlichen Bewegung. Konfuzius sagte, dass es nur zwei Tage im Jahr gäbe, an denen wir nichts verändern können: gestern und morgen. In Österreich beziehen wir uns gerne auf das Gestern und glauben, morgen wird alles besser. In der Zwischenzeit vergessen wir das Heute und auf der Strecke bleiben jene Schüler/-innen, denen es morgen nicht besser gehen wird, wenn heute nichts geschieht …
Nächster Artikel: Si se puede! "Yes, wie can" in Kuba? Gedanken ...