Es wurde als großes Medienereignis gefeiert. Gräben der Vergangenheit sollen durch Brücken für die Zukunft überwunden werden. Barack Obama betrat als erster US-amerikanischer Präsident seit Verhängung des Handelsembargos gegen Kuba wieder den Boden der Karibikinsel. Dass Obama einen Friedensgruß nach Kuba mitbrachte und die letzten Reste des Kalten Krieges überwinden möchte, klingt gut. Doch ist es realpolitisch ernst gemeint?
Klar ist, dass ein Handelsembargo den Wirtschaftsbeziehungen beider Länder über kurz oder lang schadet. Klar ist aber auch, dass die angebliche Wirtschaftspartei der USA, die „Republikaner“, eine Aufhebung des Handelsembargos im Kongress blockieren. Es ist diese ambivalente Haltung, die den ehemaligen Staatschef und Revolutionsführer Fidel Castro in seinem öffentlichen Brief „El hermano Obama“ (Der Bruder Obama) dazu bewegt, den USA eine gönnerhafte, fast herablassende Art vorzuwerfen. US-amerikanische Theorien über das kubanische Volk oder über deren Demokratieverständnis seien unangebracht, wenn man bedenkt, dass noch immer der Militärstützpunkt Guantanamo Bay unterhalten wird. Jener Stützpunkt, der Menschenrechte mit Füßen tritt. Jener Stützpunkt, der die USA international als jenes Land in Bedrängnis brachte, das gerne anderweitig von Menschenrechten spricht, diese aber selbst nicht einhält. Guantanamo Bay wurde zum Symbol jener Politik, die nur eigene Wirtschaftsinteressen vertritt und der Menschenrechte und internationales Recht egal zu sein scheinen. Anders formuliert: Wenn Menschenrechte oder Demokratie als Rechtfertigungen fungieren können, Interventionen in anderen Ländern zu rechtfertigen, werden diese gerne bemüht. Ernst gemeint ist es aber nicht. Fidel Castro, der politisch alles andere als ein Kind von Traurigkeit ist und politische Gegner/-innen konsequent verfolgte, hat diese Haltung schon lange durchschaut und äußert deswegen Misstrauen.
Seit 54 Jahren besteht das Handelsembargo. 54 Jahre, in denen verlernt wurde, auf das Gegenüber zu hören, zu reagieren oder einzugehen. Die Reste des Kalten Krieges sind nicht nur auf kubanischer Seite bemerkbar. Das Misstrauen muss auf beiden Seiten abgelegt werden. Keinesfalls darf von den USA das Gefühl vermittelt werden, das „Imperio“ (Anm. der Red.: die USA in den Augen der Kubaner/-innen) würde gönnerhaft Geschenke verteilen, denn dafür hat Kuba zu lange selbst überlebt und Kuba müsste alte ideologische Gräben in den internationalen Beziehungen überwinden. Positiv ist, dass es endlich eine Annäherung gab. Die direkte Postzustellung zwischen den beiden Ländern ist ein Anfang. Aber sie ist eben nur der Anfang …
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