In vielen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben die Kritiker/-innen und Befürworter/-innen eines möglichen Austritts Hochkonjunktur. In Großbritannien wurden mit dieser Option sogar „bessere“ Konditionen für die Briten verhandelt. Andere Länder verbergen sich hinter besseren Gartenzäunen und sprechen von dichten Grenzen. Auch die Befürworter/-innen eines geeinten Europas - zu ihnen zähle ich mich - sehen strukturelle Probleme, die nicht so einfach zu lösen sind. Es fängt bei der Definition unseres Europas an. Sind wir ein supranationaler, fast loser Zusammenschluss von Staaten, der sich in beinahe keiner wesentlichen gesellschaftlichen Frage einig wird? Sollten wir vielleicht doch in Richtung eines bundesstaatlichen Europas oder doch nur eines gemeinsamen Wirtschaftsraums gehen?
Ein loser Zusammenschluss ist Europa bereits jetzt, wenn einzelne Nationalstaaten eine übergeordnete, europäische Autorität untergraben. Das Modell eines Bundesstaates wäre weltpolitisch interessant: Beispielsweise ist Österreich zu unbedeutend, dass China, die USA oder Russland in eigene bilaterale Gespräche mit uns treten und dabei auf Augenhöhe verhandeln. Mit einem geeinten Europa wäre das zielführender. Und nur ein europäisches Freihandelsabkommen? Zur Erinnerung: Österreich war vor dem Beitritt zur Europäischen Union EFTA-Mitglied. Dieses Szenario kennen wir also schon.
Viele Bewegungen sehen Europa in Gefahr. Meistens wird der Terrorismus, eine fehlgeleitete Interpretation des Islams oder sonstige fremdenfeindliche Motive genannt. Doch die Gefahr, durch Radikalisierung, Angst und individuelle Eigenbrötler im Europäischen Rat dürfte wesentlich höher sein, zumal uns diese Strömungen in eine Identitätskrise führen. Gibt es eine Lösung? Ich weiß es nicht. Meine Hoffnung, dass Europa geeint aufsteht und im Sinne des Gründungsgedankens nationalstaatliche Interessen teilweise hintanstellt, stirbt zuletzt, doch sie wird künstlich beatmet …
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