Am Wochenende ist viel passiert! Auf europäischer Ebene wurden Großbritannien weitere Privilegien eingeräumt und Österreich wurde für seine Asylpolitik seitens der Europäischen Kommission kritisiert. Was das mit Bildung zu tun hat? Ein gemeinschaftliches Bewusstsein sollte im 21. Jahrhundert über die Grenzen des Nationalstaates hinausgehen. Erschreckend war aus meiner Sicht die Gewichtung der Themen in der öffentlichen Diskussion und während der Gipfelgespräche. Wenn es um den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union geht, scheint vieles möglich zu sein. So können nun Sozialleistungen für EU-Ausländer in Großbritannien für sieben Jahre ausgesetzt werden - ein klarer Verstoß gegen das Prinzip der Gleichbehandlung unter den EU-BürgerInnen.
Auch, dass sich Großbritannien aus der humanen Verantwortung bei der Verteilung der Flüchtlingsströme herausnehmen kann und die Integrationsschritte der EU zeitlich unabhängig von anderen Mitgliedsstaaten vollzogen werden können, stößt auf mein persönliches Unverständnis. Immerhin heißt es „Europäische Union“ und nicht „Europäische Einzelaktionen gebunden an Privilegien“. Viel interessanter ist aber die auf taube Ohren stoßende Kritik an der österreichischen Bundesregierung und ihrem Kurs bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme. Vor allem der Vollzug der Obergrenze sorgt für Kopfschütteln. Arithmetisch stellt mich die Festlegung des Tageskontingents von 80 Asylanträgen vor eine große Herausforderung. Aus dem Bildungsbereich kommend, stelle ich mir die Frage, ob die verantwortlichen Personen bei der Erstellung dieses Richtwerts in der PISA-Studie erfasst wurden. Jährlich sollen nicht mehr als 37.500 Asylanträge bearbeitet werden. Bei einem Tageskontingent von 80 Asylanträgen und 365 Tagen ergibt meine Rechnung 29.200. Über 8.000 weniger. Wundert sich irgendjemand, dass die Art, der Vollzug und die Adaptierung des Asylgesetzes kritisiert werden?
Erschütternd ist aber nicht, dass fehlgeleitete PolitikerInnen zweifelhafte Aktionen setzen, sondern dass gemeinschaftliche Interessen nicht gemeinschaftlich gelöst werden können. Offenbar ist es wichtiger, die Privilegien einer Nation oder wenig gemeinschaftlich orientiere Lösungsvorschläge zur Krisenbewältigung - Stichwort Visegrád-Staaten - zu diskutieren, als tatsächlichen Schicksalen Beachtung zu schenken. Denn während sozial abgesicherte und in Frieden lebende PolitikerInnen alles versuchen, um Verantwortung abzugeben, geht der Krieg in Syrien weiter. Im Bildungssystem haben die PädagogInnen die Aufgabe, politische Bildung als Unterrichtsprinzip zu leben. Doch wie soll das gelingen, wenn die politische Bildung auf höherer Ebene nicht so fundiert zu sein scheint? Begriffe wie Nation und Nationalismus, Migration und Flucht, Asyl und Verbrechen und Menschlichkeit und Eigeninteresse werden verwechselt …