Was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Unfähige PolitikerInnen oder Menschen, die sie in diese Position wählen? Wie sieht es mit dem demokratischen Verständnis aus? Hat das Fehlen einer politischen Vision etwas mit dem Fehlen eines gesellschaftlichen Ziels zu tun? Die Nachkriegsgeneration hatte das Ziel des Wiederaufbaus, die 68er die sexuelle Emanzipation, die Hainburg-Generation die Rettung des ökologischen Systems. Und die heutige Generation?
Der politische Status Quo wird zurecht heftig kritisiert. Es fehlt eine politische Vision, ein Ziel, wo wir hinsollen, jemanden, der/die es ausspricht, political Leadership. Doch am lautesten prangern jene Menschen den politischen Status Quo an, die jene PolitikerInnen wählen, die kein Änderungskonzept haben. Im Gegenteil: Es werden vermehrt jene gewählt, die genauso anprangern und dem Volk „nach dem Mund reden“. Gemeinhin werden diese als PopulistInnen bezeichnet. Man kann das Fehlen des politischen Leaderships kritisieren, aber wie sieht es mit der demokratischen Verantwortung der BürgerInnen aus? Ist es demokratisch verantwortlich, dass jene Konzepte und Personen gewählt werden, die nur gegen etwas sind und keine klaren Ziele formulieren können? Ist es demokratisch verantwortlich, eine Innenministerin zu haben, die vor laufender Kamera das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit außer Kraft setzen will, in dem sie Asylanträge „verschleppt“ ?
Die demokratische Verantwortung der BürgerInnen wird also nicht wahrgenommen, wenn wir jene PolitikerInnen kritisieren, die wir in diese Funktionen gewählt haben. Vor diesem Hintergrund werden vermehrt direktdemokratische Mechanismen gefordert, um die BürgerInnen aktiver einzubeziehen. Jetzt sollen jene, die bisher wenig Interesse an politischen Entscheidungen - Stichwort Wahlbeteiligung - gezeigt haben, ständig nach ihrer Meinung gefragt werden? Demokratie ist eben nicht nur ein sehr hart und blutig erkämpftes Recht, um das uns Millionen Menschen zu Recht weltweit beneiden, sondern auch eine Pflicht. Die eine Seite der Medaille sind PolitikerInnen, die thematisch oft daneben liegen, die andere Seite sind die BürgerInnen, die sich nicht mehr für die Inhalte interessieren. Man lässt sich von Schlagzeilen beeinflussen, bis zu jenem Punkt, an dem ein Regierungsprogramm im Wesentlichen aus Schlagzeilen besteht. Setzt sich niemand mehr mit den gesellschaftlich relevanten Fragen kritisch fundiert auseinander, ist es nicht verwunderlich, dass jene Personen gewählt werden, die ebenso handeln. Sie sind ein Abbild ihrer WählerInnen, auch wenn dieser Befund schmerzt. Also beginnen Veränderungen tatsächlich nur bei der Bevölkerung - Demokratie im wahrsten Sinne …