Vermutlich war ich nicht der einzige neben Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, der die Aussagen des freiheitlichen Parteichefs für absolut fehlangebracht hielt. Den Bundeskanzler einer demokratisch legitimierten Regierung als Staatsfeind zu bezeichnen, ist ebenso grotesk wie realitätsfremd. Könnte die Regierung in einigen Punkten geschickter ans Werk gehen? Natürlich, und es wird Aufgabe der Oppositionsparteien bleiben, die Regierungsarbeit zu kritisieren. So funktioniert eine Demokratie. Doch das Vergreifen im Ton ist nicht Aufgabe der Opposition.
Politische MitbewerberInnen auf dieser Ebene anzugreifen, hat mit einem kultivierten Umgang nichts zu tun. Paradoxerweise werden stets die kulturellen Werte des Abendlands gerade aus dieser politischen Ecke hochgehalten, doch diese Wortwahl hat damit schon gar nichts zu tun. Auch hat jener Parteichef von einer Festung Europa gegen eine Art der Völkerwanderung gesprochen. Dass wir allesamt nicht römische Vorfahren haben, zeigt, dass auch unsere Vorfahren ein Teil der großen Völkerwanderung waren. Der Lauf der Geschichte zeigt ähnliche Entwicklungen immer wieder. Vor allem muss etwas festgehalten werden: Jede große Völkerverschiebung hat für das Gebiet der Zuwanderung langfristig große wirtschaftliche Vorteile gehabt.
Natürlich fehlt es an einer stringenten Strategie zur Integration. Aber wir sollten nicht den Fehler machen, andere Menschen für unsere Unzulänglichkeiten zu verantworten. Vor 30 Jahren glaubte der Westen, durch eine Allianz mit Islamisten könnte die Sowjetunion bekämpft werden. Daher schickten wir Waffen. Wirtschaftlich haben wir nicht-demokratische Regime unterstützt, um günstig Erdöl zu besorgen. Und nun möchten wir uns gegen Menschen aus dieser Region abschirmen, weil diese die Nachteile ihrer Systeme, die wir unterstützt haben, spüren. Unsere Waffen werden hier verwendet, finanziert von unserem Geld. Es wird Zeit, vor der eigenen Haustür zu kehren …