68. Nachhaltige Elektromobilität?

Elektromobilität
Quelle: festo.com

Kaum ein Thema des Individualverkehrs polarisiert so wie die Elektromobilität. Sie sei zu teuer, hat eine geringe Reichweite beziehungsweise lange Ladezeiten und systematisch gesehen sei sie ohnehin nicht effizienter. Gehen wir jeden Punkt durch: 


1. Der Preis: Richtig ist, dass Elektrofahrzeuge, egal ob Autos, Nutzfahrzeuge oder Elektrofahrräder im Vergleich zu ihren konventionellen „Artgenossen“ in der Anschaffung teurer sind. Ähnlich wie bei der Anschaffung eines Dieselfahrzeugs muss individuell berechnet werden, wann sich ein Vorteil bei den Gesamtkosten für ein Elektrofahrzeug ergibt. Hier müssen Anschaffungspreis, Versicherung, etwaige Förderungen und Kraftstoffkosten kalkuliert werden. Auch wenn es pauschal schwierig ist, ab etwa 1,5 Jahren oder 25.000 Kilometern beträgt die Kostenersparnis für jedes Folgejahr mindestens 1.600 Euro bei den laufenden Kosten (http://www.stromfahren.at/kosten). 

Fazit: Nachdem die Anschaffung eines Autos nicht nur auf zwei Jahre ausgelegt ist, steht es 1:0 für die Elektromobilität. 


2. Die Reichweite: Je nach Batteriekonzept variiert die Reichweite der Hersteller zwischen 100 und 460 Kilometern. Die Firma Tesla zeichnet hier das obere Ende der Fahnenstange. Auch bei den Ladezeiten sind die Unterschiede doch beträchtlich, zumal sie zwischen 8 Stunden und 45 Minuten (Schnellaufladung) betragen. Ein vergleichbares Dieselfahrzeug hat eine Reichweite von etwa 800 Kilometern und der Tankvorgang beträgt je nach Wartezeit an der Tankstelle etwa fünf bis 10 Minuten. 

Fazit: In Bezug auf die Reichweite und Lade-/Tankzeit sind konventionelle, fossile Kraftstoffe überlegen. Es steht 1:1. 


3. Systemisch betrachtet: An diesem Punkt scheiden sich die Geister, zumal Vergleiche schwer zu treffen sind. Der kumulative Energieverbrauch, also nicht nur während der Fahrt selbst, sondern auch in der Produktion des Fahrzeugs, des Stroms, des Transports, des Rohöls, in der Raffinerie während der Veredelung und während des Transports zur Tankstelle muss in diese Rechnung aufgenommen werden. Natürlich sind diese Fragen bei der individuellen Anschaffung vielleicht nicht vordergründig, sollten sie allerdings im Rahmen der gesellschaftlichen Verantwortung jeder Person sein. Vertraut man hier den Zahlen des BM:VIT (http://bmvit.gv.at/verkehr/elektromobilitaet/mobilitaetsscheibe.html) so sind Elektrofahrzeuge auch hier tendenziell überlegen, vor allem in Ländern wie Österreich, die gänzlich auf die Produktion von Atomstrom verzichten. In der „Ökostromvariante“ sind Elektrofahrzeuge jedenfalls überlegen. 

Fazit: Dieser Punkt hat sehr viele Variablen während des Entscheidungsprozesses und ist nicht eindeutig, allerdings sehr wohl tendenziell zu beantworten. Wenn während der Stromproduktion auf nachhaltige und erneuerbare Energiekonzepte wertgelegt wird, gewinnt die Elektromobilität diesen Vergleich deutlich. Denn eines erscheint auch logisch: Die Produktion und der Energieaufwand bei der Gewinnung fossiler Brennstoffe ist zu keinem Zeitpunkt wirklich nachhaltig. Daher steht es in meinen Augen 2:1. 


Zusammenfassung: 

Es bleibt eine individuelle Entscheidung und auch die eben genannten Faktoren sind individuell auszulegen. Zwei Aspekte möchte ich meinen Ausführungen noch hinzufügen. Laut des Verkehrsclub Österreichs (VCÖ) liegt die durchschnittliche Kilometerleistung pro Kopf und Tag bei 36 Kilometern (http://www.vcoe.at/de/presse/aussendungen-archiv/details/items/Ausgabe2012-33), weshalb Reichweitenargumente nicht zentral angeführt werden können. Im Bericht von austriatech zur Elektromobilität im ersten Halbjahr 2015 (http://bmvit.gv.at/verkehr/elektromobilitaet/downloads/oesterreichDE.pdf) sind Elektro-Tankstellen grafisch dargestellt und vor allem in der Nähe von Ballungszentren sind diese bereits recht dicht. Wird ein entsprechend flächendeckendes Netz erschlossen, so fällt diese Sorge vieler VerbraucherInnen weg und vielleicht wird dann über ein verändertes Verkehrskonzept im Bereich des Individualverkehrs nachgedacht, vielleicht mit der Integration des öffentlichen Verkehrs und fernab verschiedener Interessenvertretungen …