… worauf sie selbst stoßen können, begeht ein Verbrechen! Dennoch leben gerade wir Erwachsene mit der Vorstellung, ihnen alles erklären zu müssen, sie zu beschützen und ihnen eine fremdgesteuerte Struktur zu geben. Gerade der erste Punkt stimmt mich immer wieder nachdenklich, sind die Ziele der Bildung doch primär die Selbsterfahrung und - darauf lässt das sinkende Interesse an der Schule mit zunehmendem Alter der SchülerInnen schließen - das Bewahren der Neugier. Vielleicht sollte eine etwaige Bildungsreform systemisch gedacht werden, indem nicht nur die Schule, der Unterricht und die LehrerInnen, sondern auch Freunde, Nachbarn, Eltern und Großeltern einbezogen werden.
Hier dürfen auch Erwartungen des Schulsystems an das Umfeld der Kinder formuliert werden, wenn pädagogische Reformen in der Schule tatsächlich umgesetzt werden. Die Rolle des Umfelds des Kindes wird dabei oft unterschätzt. Frei nach Niklas Luhmann leben wir in einer funktional differenzierten Gesellschaft und oftmals ist das Umfeld der Kinder der Meinung, pädagogische Aufgaben sind zur Gänze in der Schule angesiedelt. Das mag für die Grundausrichtung stimmen, ist allerdings nicht für den Erfolg pädagogischer Maßnahmen entscheidend. Was pädagogisch in der Schule gelebt wird, muss „zuhause“ seine Fortsetzung finden. Wird zuhause autoritär, diktatorisch oder beschneidend agiert, so verpufft jede Bildungsreform in der Schule. Zur Erinnerung: Wer Kindern erklärt, worauf sie selbst stoßen könnten, begeht ein Verbrechen!
Daher dürfen die Fragen durchaus systemisch gestellt werden: Findet in letzter Konsequenz keine Bildungsreform statt, weil die Gesellschaft für innovative, zielführende und in PISA-Studien belegt erfolgreiche Pädagogik noch nicht bereit ist? Verbannen Erwachsene innovative Technologien ideologisch aus dem Klassenzimmer, weil sie diese nicht verstehen und das Potenzial nicht erkennen? Viel schlimmer: Kann eine Strukturreform nicht stattfinden, weil gesellschaftliche Muster eine antiquierte Pädagogik voraussetzen. Als Gesellschaft müssen wir uns diesen Fragen stellen, zumal wir fordern, dass Reformen stattfinden und vergessen, dass diese demokratisch legitimiert sein müssen und letztlich nur ein Spiegel unserer selbst sind …