In meiner Funktion als Vorstandsmitglied des ENIS-Vereins hatte ich gestern das Privileg, zwei VertreterInnen namhafter Schulbuchverlage zur Interpretation des elektronischen Schulbuchs während ihrer Vorträge zuzuhören. Hierbei gibt es bereits gröbere Definitionsunterschiede, was unter den Begriffen eBook oder Digibook verstanden wird. Der Einfachheit halber unterscheiden sie sich im Wesentlichen durch die Möglichkeiten der Interaktion auf der einen, und durch den Gestaltungsspielraum für LehrerInnen auf der anderen Seite. Während ein eBook dynamische Inhalte, welche die Lehrkraft entsprechend des pädagogischen oder thematischen Bedarfs flexibel gestalten kann (die Einbettung von Übungen, Animationen, Feedbacksystemen oder Videos) einarbeiten kann, so sieht es beim Digibook etwas anders aus. Dieses bietet im Wesentlichen den Text der Schulbücher elektronisch an.
Wenn also von elektronischen Schulbüchern im engen Sinn die Rede ist, so sind dynamische Inhalte mit interaktiven Elementen, die nach Bedarf geändert werden können, gemeint. In Österreich - so der Vorstoß der Ministerinnen für Familie und Bildung - handelt es sich eher um Digibooks, die möglicherweise interaktive Elemente wie Hyperlinks einbetten. Na immerhin hat das Web 1.0 Einzug gehalten, wenn schon nicht 2.0 oder 3.0. Sowohl auf strategischer Ebene seitens der Ministerien als auch in der Positionierung der Verlage fehlt aber ein entscheidender Aspekt: Wie sieht die pädagogische Interaktion im Klassenzimmer der Zukunft aus? Bereits in einem früheren Eintrag wurde die fehlende Grundsatzausrichtung im Wahlprogramm der Parteien moniert. Diese fehlt auch in diesem Zusammenhang.
Die Schulbuchverlage haben in Österreich eine gesetzlich manifestierte Wettbewerbsverzerrung, nachdem der Staat über die Schulbuchaktion diese zu einem wesentlich Teil finanziert, und daher vielleicht nicht das größte Interesse, innovativ aufzutreten und das Schulbuch neu zu denken. Sie haben nicht die Notwendigkeit, sich mit neuen Interaktionsformen in der Klasse auseinanderzusetzen. Daher werden Schulbücher in traditionellen Welten gedacht und diese nur digital transformiert. Auf dem Weg zu einer sinnvollen Umsetzung des elektronischen Schulbuchs müssen mehrere Schritte durchlaufen werden. Zunächst sollte die Frage nach der Natur der pädagogischen Interaktion gestellt werden. Danach sollten sozusagen rückwirkend alle Fragen des Unterrichts - die technische Ausstattung, die Gestaltung des Schulbuchs, die Rolle der LehrerInnen der Eltern und die Gestaltung der Lernumwelt - beantwortet werden. Solange diese strategische Ausrichtung fehlt, ist die Implementierung neuer Technologien stets löchrig und letztlich nicht durchdacht …