Kaum hat das Schuljahr begonnen, wird bereits eine Initiative aus Finnland heftig kritisiert, obwohl sie auch bei uns nicht neu ist: In Finnland wird den SchülerInnen ab diesem Schuljahr nur noch die Druckschrift gelernt, die Schreibstift wird als entbehrlich betrachtet. Gerade dieses Thema hat viele Pros und Contras. Während hierzulande BildungsdidaktikerInnen das Umlernen von Druck- auf Schreibschrift als entbehrliche Maßnahme bezeichnen, sehen VerfechterInnen in der Schreibschrift eine essentielle Kulturtechnik bedroht und befürchten sogar die Gefahr der sinkenden Gedächtnisleistung und motorische Defizite (Josef Kraus, Präsident des deutschen Lehrerverbandes).
Letztlich geht es um die Frage, welches Medium am Ende vorwiegend verwendet wird. Menschen, die täglich nur auf dem Computer oder dem Tablet arbeiten, sehen ad hoc keine Notwendigkeit zum Erlernen der Schreibschrift. Werden vorwiegend Blatt und Stift verwendet, so liegt auf der Hand, dass sich die VerfechterInnen der Schreibschrift daraus rekrutieren. Das Schweizer Kanton Luzern lehrt die Schreibschrift nicht mehr, sondern nur noch eine Art Basisschrift, die im Wesentlichen der Druckschrift entspricht. Dem oft ins Treffen geführte Argument, dass die gelehrte Schreibschrift zu einem höheren Schreibtempo und zu besserer Leserlichkeit führt, wird durch das Schweizer Experiment relativiert, wie generell die Erfahrungen durchwegs positiv sind. Denn mit höherer Schreibgeschwindigkeit verbinden die SchülerInnen selbst intuitiv die Buchstaben und in Bezug auf die Leserlichkeit kann festgestellt werden, dass diese nicht besser oder schlechter als hierzulande mit der Schreibschrift ist.
Zentral im Zusammenhang mit dieser Debatte ist, dass die Hand nach wie vor schreiben kann! Ob das mit der Schreibschrift, Druckschrift oder Basisschrift erfolgt, ist sekundär. Hauptsache, die SchülerInnen können noch mit der Hand schreiben. Auch eine Studie der Princeton University belegt, dass StudentInnen, die in den Vorlesungen handschriftlich mitschreiben, besser Inhalte wiedergeben können und bessere Leistungen zeigen. Daher sollte die Diskussion dieses Themas wieder den Boden der Sachlichkeit berühren. Die Heuchelei mancher Erwachsener, die ihre Einkaufszettel ins Smartphone tippen oder ganztags vor dem Computer sitzen, und nostalgisch eine Beibehaltung unserer Schreibschrift fordern, führt zu keinem grünen Zweig …