Um zunächst Verwirrungen vorzubeugen, dieser Blog ist nicht politisch motiviert. Dennoch ist es mir ein Bedürfnis, zu der aktuellen Diskussion um die Arbeitszeit der LehrerInnen Stellung zu nehmen, um etwas Perspektive der Diskussion zu geben: In der öffentlichen Diskussion, wird oft die Arbeitszeit der LehrerInnen in Österreich mit der Unterrichtszeit gleichgesetzt. Erstere ist im internationalen Schnitt hoch, zweite relativ niedrig. Das liegt daran, dass nicht entsprechendes Support-Personal an den Schulen vorhanden ist und die LehrerInnen zur Rolle der PädagogInnen auch administrative und sozialpsychologische Rollen einnehmen müssen. Wird fernab dieses Kontexts eine Verlängerung der Unterrichtszeit diskutiert, so ergeben sich Schieflagen.
In der Sache wäre es aus der Sicht der vielzitierten Lehrergewerkschaft schwer gegen eine Verlängerung der Unterrichtszeit zu argumentieren, wäre Support-Personal vorhanden. Hier sollte der Hebel für Reformen angesetzt werden, die anschließend in einem umfassenden, pädagogischen Konzept gedacht werden. Hier schließt auch meine Kritik der Rollenwahrnehmung an: Kernaufgabe jeder Gewerkschaft in einer Demokratie ist, die aktuellen Arbeitsbedingungen ihrer Klientel zu verbessern, nicht die generelle Ausrichtung. Anders formuliert ist es die Aufgabe der Gewerkschaft, in den gegebenen Verhältnissen für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen, in der systematischen Debatte spielen sie allerdings keine Rolle, auch wenn die Politik hier ohne Visionen agiert. Ist es beispielsweise politischer Wille, in Richtung eine Gesamtschule zu gehen - dieser Begriff sollte einmal klar definiert werden - so ist es nicht die Rolle der Lehrergewerkschaft, hier zu intervenieren. Stellt ein Autohersteller seine Strategie von Verbrennungs- zu Elektromotoren um, so hat die Belegschaft auch kein Mitspracherecht.
Die politischen Akteure benötigen allerdings Visionen. Das Ungleichgewicht der Diskussion ergibt sich aus den fehlenden Visionen der politisch Verantwortlichen. Gäbe es eine kohärente Vision inklusive einer entsprechenden öffentlichen Kommunikation, fände keine Diskussion zum Status quo statt. LehrerInnen-VertreterInnen würden sich wieder auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen konzentrieren, die Politik auf die strategische Ausrichtung, für welche sie die BürgerInnen letztlich gewählt haben. Vielleicht sollten sich die AkteurInnen wieder auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, anstatt unqualifizierte Äußerungen zu tätigen ...