Die vielleicht wichtigste Frage, die zu Beginn jeder Reform des Bildungssystems stehen sollte, ist jene nach der tatsächlichen Ausrichtung des Schulsystems. Hier gibt es einige Entwicklungen der letzten Jahre, die erfreulich, aber auch teilweise besorgniserregend sind. Der Spardruck der vergangenen Jahre hat selbstredend auch das Bildungssystem erreicht und die Folge waren Einsparungen, die in der Sache vielleicht nicht angemessen waren. Positiv zu bewerten ist, dass deshalb ein Umdenkprozess in Gang gesetzt wurde.
Dieser Kostendruck hat davor die meisten Unternehmen erreicht, die noch wirtschaftlicher arbeiten müssen - was auch immer das bedeutet. Die Verbindung zum Bildungssystem ergibt sich relativ einfach: AbsolventInnen von Universitäten, Handelsakademien, Höhere Technische Lehranstalten oder Allgemein Höher Bildenden Schulen müssen entsprechende Qualifikationen mitbringen, um in Unternehmen eine Anstellung zu finden. War es bis vor 15 Jahren die Regel, dass Grundqualifikationen erwartet werden, danach aber eine Einarbeitungs- und Ausbildungszeit in den Betrieben erfolgte, so ist diese den Entwicklungen zum Opfer gefallen. Immer mehr Betriebe sind diesem Beispiel gefolgt und das Resultat? Unternehmen erwarten fertig ausgebildete ArbeitnehmerInnen direkt aus der Schule - eine Leistung, die das Schulsystem nicht bringen kann und nicht bringen darf!
Die Aufgabe der Schule ist, einen Rucksack an Kompetenzen zu füllen, dessen Inhalt fortwährend entwickelt wird, nicht den SchülerInnen einen - oft temporären - Werkzeugkoffer an die Hand zu geben, mit dem sie in einer bestimmten Firma ihren Zweck erfüllen können. Denn so geschehen drei Dinge: Erstens werden die Schulen zu Ausbildungsstätten und vergessen ihren Bildungsauftrag. Zweitens wird den Schulen die Möglichkeit genommen, kritische Individuen heranzuziehen. Drittens werden die SchülerInnen damit zu austauschbaren Arbeitskräften. Die Schule darf nicht da sein, um konforme Schafe, sondern verantwortungsvolle Hirten zu erziehen …